Blumen in der Malerei

18.04.2022
Yvonne Roos

Vegetabile Motive werden in der Kunst bereits seit langer Zeit abgebildet: ob in der Architektur, in der Buchmalerei, als Schmuckobjekte, auf Gemälden oder in der Fotografie. Manchmal ist ihre Funktion rein dekorativ, sehr oft sind sie aber mit symbolischer Bedeutung aufgeladen. In diesem Blog-Beitrag betrachten wir das symbolische Narrativ des Blumenmotivs: von der religiösen Bedeutung bis hin zur immer profaner werdenden Dimension der Blume.

Hinweis: Fachbegriffe werden bei ihrer ersten Erwähnung kursiv gedruckt und in einem Glossar am Ende des Textes erläutert.

 

Das Blumenmotiv – Ein kurzer Rückblick

Blumen sind in der bildenden Kunst seit jeher ein beliebtes Motiv. In der altägyptischen Mythologie symbolisierte die Lotusblume die Sonne und war mit dem Konzept der Schöpfung und Wiedergeburt verknüpft. Auch die weisse Lilie wurde mit der Fruchtbarkeit und Erotik der griechischen Göttin Hera konnotiert. In der christlichen Welt war die Lilie ein Symbol für Reinheit, Unschuld und der jungfräulichen Empfängnis. Sie verweist auf die Jungfrau Maria und wurde deshalb meist in Verkündigungsszenen abgebildet.
 

Bild 1: Verkündigung

Die Lilie steht damit aber auch für das Licht, die Hoffnung und das ewige Leben über den Tod hinaus. Sie symbolisiert dadurch zugleich die Passionsgeschichte Christi. Assoziationen wie Leben, Wachstum und Fruchtbarkeit wohnen der Blume also inne und wurden entsprechend mit Vorstellungen von Weiblichkeit und Sexualität konnotiert. Und wie ist die Sprache der Blume in der Malerei heute? Dafür verfolgen wir die Entwicklung des Blumenmotivs weiter.

Nachdem sie, wie eingangs erwähnt, in der Antike und im Mittelalter meist als Symbol zur Untermalung einer Szene abgebildet wurden, fanden Blumen in der Spätrenaissance als alleinstehende Objekte ihren Platz auf Gemälden. Die sogenannte Gattung des Blumenstilllebens entwickelte sich.

Blumenstillleben waren vor allem in den Niederlanden beliebt, wo Blumen in Zusammenhang mit dem erlangten Reichtum des Landes als Luxussymbol galten (Goldenes Zeitalter). Prächtige Blumenbouquets wurden malerisch arrangiert, häufig in Kombinationen, die nicht der Realität entsprachen, blühten die zusammengestellten Blumen jeweils zu anderen Zeiten. Durch dieses beliebige Formen und Zusammenstellen von Sträussen in der Malerei, wurde die Natur bezwungen. Dass sich diese Antipoden «Künstlichkeit» und «Natürlichkeit» unverfroren gegenüberstehen, zeichnet das Blumenmotiv aus: Etwas Natürliches wird zu etwas Künstlichem und umgekehrt stellt das Künstliche das Natürliche dar.

Im Barock erreichte das Blumenstillleben dann seine «Blüte». Im Gegensatz zu den bunten, lebendigen Arrangements, in denen die Blüten ihre Lebenszeit als Bild überdauerten, wurden nun verwelkende Blumen als belehrende Vanitas-Stillleben mit Memento mori Motiven gemalt. Sie stellten einen Ausdruck für die Vergänglichkeit des irdischen Lebens dar – denn dem Tod entkam Mensch auch mit materiellem Reichtum nicht. 

In derselben Zeit wurden Blumen aber auch wegen eines wachsenden Interesses an der Natur zu Studienzwecken gemalt. Dieses Interesse war zwar an sich nichts Neues, doch die Globalisierung, die durch den Kolonialismus ihren Lauf nahm, veranlasste europäische Länder dazu, die Blütenvielfalt, der in Besitz genommenen Ländern, malerisch festzuhalten. So verband sich das genaue Beobachten mit einem künstlerischen Anspruch in der westlichen Kunst und Wissenschaft. 
 

Bild 2: Merian

 

Bis zum 19. Jahrhundert wurde das Malen von Landschaften und Stillleben wieder nichtiger und entwickelte sich wieder zu einer symbolischen Nebensache. Nun war die Historienmalerei gefragt. Um 1875 wurden zwar bereits wieder vermehrt Blumen abgebildet, allerdings wurden sie an den noch männlich dominierten Akademien «nur» zu Übungszwecken gemalt. Das Malen von Blumen wurde abschätzig als «Frauenkunst» bezeichnet, da sie lediglich als alltägliche Erscheinungen gesehen wurden, denen sich die Frauen widmen konnten, um ihre Zeit zu vertreiben. Nach damaligem Verständnis konnten Künstler in der Historienmalerei ihr Können unter Beweis stellen und Themen vielschichtig bearbeiten, was sich auch formell in den monumentalen, für die Ewigkeit gedachten Formaten spiegelte. Blumenmalerei hingegen stellte keine rationale Herausforderung und keine «grossartige» Kunst dar. Doch mit dem Aufkommen des Realismus wurden Landschaften und Blumenmotive wieder kunstwürdig und konnten komplexe Inhalte transportieren. Dann, mit den Blumenbildern des Impressionismus und des Post-Impressionismus war es nicht mehr weit zur abstrakten Kunst. Die idealistischen und moralischen Vorstellungen, die der Malerei noch anhefteten, lösten sich langsam auf.

 

Die neue Blumenvielfalt in der Malerei

Blumen wurden also zum einen aufgrund ihrer reinen Schönheit, die Freude und Vergnügen auf einer ganz persönlichen Ebene bereitet, verehrt. Gleichzeitig wurden sie, wie die Geschichte zeigt, zum anderen gerade deswegen mit enormer symbolischer Bedeutung aufgeladen.

Betrachten wir das Motiv ab der klassischen Moderne, wurden Blumenmotive in ihrer Bedeutung aber so wandelbar und vielfältig, wie ihre Vorkommen in Natur und Kultur. Sie nahmen auf diverse Arten die Leinwand ein. Das Motiv löste sich so immer mehr von seinem religiösen Kontext, behielt aber dennoch eine gewisse auratische Symbolik, die allerdings immer profaner wurde, besonders wenn es um «das Weibliche» ging. Blumen galten immer noch als Zeichen der Fähigkeit zur Reproduktion, aber auch als Symbol der weiblichen Lust und der Begierde. Die Verbindung von Sexualität mit der Blume manifestierte sich sogar sprachlich: Im Deutschen wie auch in der englischen Sprache wird das Wort «Entjungferung» mit dem aus der Botanik stammenden Begriff «Defloration» gleichgesetzt. Vermutlich aber auch, weil Blumen dieses Sinnliche in sich tragen. Sei es durch ihre vielfältigen und symmetrischen Formen, ihre Farben, dem Duft sowie Oberflächenbeschaffenheit, ihre Eigenschaften, die mit den «Femininem» verknüpft werden. Diese immer noch kulturell männlich dominierte Vorstellung ignorierte lange Zeit die Stimme von Künstlerinnen. Denn gerade ihre Blumenbilder wurden als stereotypisch «feminine» Kunst interpretiert. Körper und Geist schienen sich, wie es über Jahrhunderte gelehrt wurde, also darin festgeschrieben zu haben. Blumenmotive bei Frauen wurden darum in der Moderne auch als versteckte Freud’sche Symbole gedeutet und sollten Vulven repräsentieren. Doch vielleicht standen sie auch einfach als Kontrastsprache zur Technisierung und der Verstädterung ihrer Zeit, was sich künstlerisch vor allem im Kubismus und Futurismus widerspiegelte, Kunstrichtungen, die entsprechend mit «Männlichkeit» in Verbindung gebracht wurden.

Die sexuelle Auslegung von Blumen kann auch mit einer ästhetischen Theorie in Verbindung gebracht werden, die sich lange hielt. Blumen scheinen dem Schönen und nicht dem Erhabenen (Immanuel Kant) zugeschrieben worden zu sein. In dieser westlichen Unterscheidung zwischen dem Erhabenen und dem Schönen, wohnt auch eine Unterscheidung zwischen dem «Männlichen» und dem «Weiblichen» inne. Blumen galten als zweckfrei, da sie bloss schön waren. Das Schöne galt demzufolge als Charakteristika für das «Weibliche». Entsprechend wurde das Sexuelle der Frau auch in Abhandlungen über das Schöne eingebunden (Sigmund Freud). Das Weibliche wie auch das Schöne waren Dinge, die sich der Rationalität entzogen, und damit auch der als männlich geltenden Wissenschaftlichkeit. Sie waren folglich nicht erhaben, aber schön – und somit sexuell. Durch diese wiederholende Verknüpfung mit der Begierde schien die Sinnlichkeit der Blume immer trivialer zu werden. Dies kann als der Moment angesehen werden, in dem sich die Blume von dieser einseitigen, femininen Sinnlichkeit befreite. Denn Blumen ermöglichten Künstler:innen eine Wechselwirkung zwischen eben dieser Sinnlichkeit, dem Dekorativem, Spirituellem, Pantheistischem und dem Sozialpolitischen. Indem Blumen prominent dargestellt wurden, mussten Menschen genau hinsehen und beobachten – und darin liegt vermutlich ebenfalls etwas Sinnliches – etwas oder jemanden zu erkennen und sich Zeit dafür zu nehmen. Es sollte wieder ein Bewusstsein für die Umwelt entstehen, stets in Verbindung zum Transzendenten und Geistigen (im Sinne Wassily  Kandinskys). Blumen erzeugen eine Beziehung zwischen Mensch und Natur. Sie versinnbildlichen damit unsere Beziehung mit dem gesamten Kosmos. Der Mensch und die Ähnlichkeit zur Blume, auch anatomisch betrachtet, ihre Fragilität und gleichzeitig die Lebendigkeit, ähnlich wie die Vanitas Motive, scheinen uns selbst in den Blumen zu spiegeln – denn die Blume ist in Wirklichkeit weder männlich noch weiblich, sondern androgyn. 

Durch moderne Blumendarstellungen kam Mensch dem Abstrahierenden in der Kunst auf die Spur, einem Ausdruck der Essenz der Dinge, verband sich mit Emotionen und Sinnlichkeit und löste sich von der Symbolik weiblicher Lust und ihrer Genitalien. Blumen boten Künstler:innen der Moderne also vielfältige Möglichkeiten des Ausdrucks: Sie dienten dem Üben und Experimentieren mit der Materie, boten die Gelegenheit des befreiten, expressiven bis hin zum abstrahierten Malen oder Fotografieren, transportierten eine Vielzahl an symbolischem Gehalt und Geschichte, konnten aber auch als reine Dekoration erscheinen und so der Malerei wegen als Motiv herhalten. 

Bild 3: de Meyer-Stieglitz

Wo liegt nun das auratisch Profane in den Blumenbildern? Als Beispiel können die Blumendarstellungen der amerikanischen Künstlerin Georgia O’Keeffe dienen, deren Werke zurzeit in der Fondation Beyeler gezeigt werden. Diese fallen besonders durch ihre makroartige Inszenierung auf. Die Nahsicht ermöglicht eine fürs Auge sonst unmögliche Ansicht fantastischer und faszinierender Pflanzen. Diese nehmen die gesamte Fläche des Malgrundes ein und beeindrucken uns wohl gerade deswegen – denn diese Fokussierung auf etwas sonst so Kleines, mit dem sich Mensch selten so genau und bewusst auseinandersetzt, bekommt eine neue Bedeutung. Die Präsenz der Blume kann durch die übergrosse Darstellung nicht mehr geleugnet werden. Diese einnehmende Darstellungsweise kommt der Funktion eines Porträtbildes nahe, sie erhalten zeitgleich aber auch einen ikonischen Charakter, ähnlich wie bei einem Heiligenbild. Die Natur wird damit zu etwas Göttlichem/Pantheistischem erklärt, das sich durch die Referenz zum Porträt oder der Ikonenmalerei in uns selbst finden lässt. Eine persönliche Beziehung zwischen der Pflanze und der betrachtenden Person, eine Spiegelung des Menschen in der Natur sozusagen, entsteht. Durch den Zwang zur Einnahme einer ganz bestimmten Perspektive, eröffnet sich gleichzeitig ein Raum für persönliche Interpretationen. Die grossformatigen Details nehmen dabei oft abstrakte Formen an und eröffnen als Teil des Realen wiederum neue Ansichten und Auslegungen. Die Definitionen von Ästhetik, unsere Wahrnehmungskompetenz der Welt, wird erweitert und die Malerei von O’Keeffe stellt hierdurch wiederum Gemeinsamkeiten zur Fotografie her: Denn mit dem genauen Beobachten und dem Zoom ist es auch dort nicht mehr weit bis zur Verfremdung bzw. Abstraktion.
 

Dies hat den Effekt, dass der Fokus vor allem auf der Materialität und der Formgestalt liegt. Solch eine isolierte Betrachtung entfernt jegliche Zeitlichkeit aus dem Bild. Das Blumenbild wird also einerseits zu etwas Bewusstem und Autonomen, das seine zeitliche Gültigkeit überdauert; das Fragment verkörpert aber auch Langsamkeit und Stillstand, auch wenn in Realität die Zeit unweigerlich mit der Fotografie oder dem Prozess des Malens verbunden ist. Durch die formale Vergrösserung wird also eine emotionale und intime Beziehung zum Objekt erzeugt, die gleichzeitig stets rätselhaft und damit auratisch bleibt. Die übergrosse Fokussierung auf Blumen macht sie unübersehbar und lässt uns unsere Verbindung zur Natur erkennen.

Blumen können also viel mehr als bloss Jungfräulichkeit und die Vergänglichkeit darstellen. Trotzdem oder vielleicht genau im Wissen um die historische Symbolsprache von Blumen, setzte sich die Künstlerin Edith Irving-Sommer in ihrem Bild «Höhepunkt einer Tulpe» mit dem Blumenmotiv und diesen Themen auseinander.  Sie spricht die weibliche Lust offenkundig, gewollt und selbstbewusst mit dem Wort «Höhepunkt» im Bildtitel an. Dabei spielt sie mit der verwelkt wirkenden Farbe der Tulpe, mit der sie auf den Wendepunkt und die Umstellung der fruchtbaren Phase, dem Klimakterium, der biologisch weiblichen Menschen anspielt. Auch wenn die Tulpe altert, bedeutet dies kein Ende des sexuellen Höhepunktes. Sie bezeugt diesen Prozess durch das Einfrieren der Blume als Malerei. Die Tulpe steht symbolisch für Schönheit und Sinnlichkeit. In diesem Fall für die der alternden Frau, Eigenschaften, die ihr leider oft abgesprochen werden. Die Vergänglichkeits-Rhetorik, die der Blume inhärent ist, vermittelt Frauen, dass ab einem gewissen Alter Schönheit und Lust zu verwelken scheinen und irgendwann nicht mehr vorhanden seien. Die dargestellte Tulpe bleibt also trotz des Alterungsprozess schön und sexuell. Irving Sommer kreiert damit ein neues Narrativ, das sie selbst bestimmt. Dies zeigt, dass Blumenmotive in der Malerei vielschichtig sind und neu ausgelegt werden können, sie können also auf eine neue Art auch das Sexuelle ansprechen. 

Im Bild der iranischen Künstlerin Ghazal Ashrafian «This woman is me»  ist die Thematik dagegen eine ganz andere. Es finden sich Blumen auf dem Stoff ihrer Frauenfigur; ihr Kleid ist mit diesen übersät, wie auch der Grund, auf dem sie steht. Ähnliche dekorative Motive umgeben die Frau. Die Blumen nehmen zwar als dekorative Elemente Raum im Werk ein, sind aber dennoch nicht zweckfrei. Denn die Künstlerin nimmt durch sie Bezug zu ihrem Herkunftsland Iran, ein Land mit einem reichen kulturellen Erbe und wunderbarer Kunst. Die Flächigkeit der Elemente im Bild erwecken Analogien zu Tapeten, Teppichen oder Fliessen – bunte, symmetrische Muster, wie sie auf Stoffen oder Wandverkleidungen im Iran vorkommen. Die schwarzen Blumen, auf denen die Frau steht, symbolisieren ihre Trauer und Tränen. Die Künstlerin unterstreicht durch ihr Werk einerseits das Dekorative von Blumen, was seit jeher im menschlichem Schaffen Platz findet und inspiriert. Andererseits erzählt sie aber auch von einer Sehnsucht und ihrer Auseinandersetzung mit ihrer Heimat. 

Blumen haben einen enormen Bedeutungswandel durchgemacht. Sie dienen als Objekt diverser Themen und eröffnen vielfältige Diskurse über historische oder phänomenologische aber auch sozialpolitische oder genderspezifische Abhandlungen. Gerade in Anbetracht der Technisierung und Digitalisierung ist das Blumenmotiv weiterhin ein Platzhalter für eine persönliche Auseinandersetzung – auch zwischen Künstler:in und Betrachter:in. 

Auf art24.world finden sich spannende Blumenmotive in den Werken unserer Künstler:innen. Schaue dir jetzt an, wie sie Blumen inszenieren und was sie damit erzählen wollen:

Margot Ressel 

Maria Fernanda Schulz

Alice in Fotoland

Angela Roos-Maguire

Maximilian Hilpert

Tibor Gaspardy

Alexandre Calame

Hans Binz

Katalin Szabadi

Josef Kilian

 

Glossar:

Goldenes Zeitalter: In der niederländischen Geschichte bezeichnet dies eine wirtschaftliche und kulturelle «Blütezeit», die um 1600 begann und ungefähr ein Jahrhundert andauerte.

Vanitas-Stillleben: Vanitas (lat. «Eitelkeit», «Nichtigkeit») bezeichnet die Vergänglichkeit des Irdischen. Der Bildtypus entwickelte sich im Barock. Darin wurden leblose Gegenstände versammelt, welche als Symbole der Vergänglichkeit verstanden wurden, aber auch Symbole von Macht, Reichtum und irdischem Vergnügen. Sie haben damit eine moralisierende Funktion. Diese christliche Kunst wurde ebenfalls im «Goldenen Zeitalter» der Niederlande gemalt. 

Memento mori: Das Memento mori (lat. «Bedenke, dass du stirbst») ist ein künstlerisches Motiv, das auch im Zusammenhang mit dem Vanitas-Stillleben verwendet wurde. Dabei handelt es sich um Gegenstände wie faulende Früchte, Blumen, Fliegen, Granatäpfel, Totenschädel. Die Symbole verdeutlichen die Unvermeidlichkeit des Todes.

Historienmalerei: Die Historienmalerei entstand in der Renaissance und behandelt historische, religiöse, mythisch-sagenhafte oder literarische Stoffe, die zu einem einzigen Moment verdichtet dargestellt werden, sie werden damit in einen überzeitlichen, idealen Raum übertragen. Historische Personen und vergangene Taten werden glorifiziert dargestellt und dabei oft mit zeitgenössischen Themen in Zusammenhang gebracht.

Auratisch: Als Aura wird das Erlebnis des Objekts mit seinem einzigartigen Dasein verstanden. Ein Zustand, der nie voll erfasst werden kann und dadurch eine unheimliche, mystische Komponente in sich trägt. Dies hängt stets mit der Wahrnehmung zusammen, dementsprechend haben auch gesellschaftliche Tendenzen einen Einfluss auf die Aura.

Das Feminine: Eigenschaften, die gesellschaftlich einer weiblichen Person zugeschrieben werden.

Freud’sche Symbole: Erinnerung an ein Symptom, dessen sich das Subjekt aber nicht bewusst ist. Sigmund Freud nahm an, dass unliebsame Gefühle und Affekte in ein symbolisches Bild übersetzt werden. Dieses Bild kann in das Bewusstsein, zum Beispiel über einen Traum, vordringen und analysiert werden.

Geist: «Der Geist» meint die sinnliche Fantasie und Formen des Denkens. Dies bedeutet aber auch ein über Jahrhunderte altes erlerntes Wahrnehmen.

Pantheistischem: Der Pantheismus sieht das Göttliche im Aufbau und der Struktur der Welt. Demnach ist «Gott» zugleich die Natur und in ihr enthalten. Dabei gibt es verschiedene Ausprägungen dieser «Religion». Oft wird das Wort «Gott» als Summenformel für die Welt verstanden und meint nicht einen personifizierten Gott.

Das Geistige: «Das Geistige» bei Wassily Kandinsky in seiner Schrift «Über das Geistige» (1912) meint, dass Betrachtende sich in der Reinheit des Wahrnehmens selbst erkennen, was nicht mehr mit der Schönheit der Natur in Zusammenhang stehen kann. Die Schrift diente einer «Legitimierung» der abstrakten Kunst und kritisierte entsprechend auch die ideale Nachahmung der Natur als höchstes Mass der bildenden Künste. Das Geistige ist also das, was in einem Bild verkörpert wird und unsichtbar bleibt und nach Kandinsky «das Abstrakte».

Das Schöne: Ein Begriff von Immanuel Kant. Er beschreibt das Gefühl für «das Schöne», das in der menschlichen Natur verwurzelt ist. Es wird als etwas Angenehmes, Fröhliches beschrieben. «Das Schöne» ist abhängig vom «Erhabenen».

Das Erhabene: Der Begriff von Immanuel Kant bezeichnet etwas Grosses/Heiliges. «Das Erhabene» ist mit Ehrfurcht, Verehrung und Achtung verbunden und löst deshalb nebst einem angenehmen Gefühl auch Schrecken aus. Demgegenüber stellt er den Begriff «das Schöne», wobei es sich beim «Erhabenen» um eine Spezifikation davon handelt. Weiter teilt er das Menschengeschlecht in das Erhabene und Schöne ein, was sehr problematisch ist. Der Mann ist nach Kant erhaben, während die Frau schön ist. Wie das Gefühl «des Erhabenen» vom Gefühl «des Schönen» ergänzt wird, so ergänzt die Frau den Mann. Das männliche Geschlecht steht für die Ernsthaftigkeit und den tiefen Verstand. Die Frauen dagegen hat einen schönen Verstand. Sie sollte sich darum nicht mit ernsthaften Angelegenheiten beschäftigen.

Ikonisch: vom gr. eikṓn «Bild» abgeleitet, bezeichnet eine Ikone ein Heiligenbild. Das Abbild der heiligen Person sollte Ehrfurcht erwecken und eine Verbindung zwischen Betrachter:in und der dargestellten heiligen Person herstellen. Sie dienten als «Fenster zum Himmel», dabei konnte die abgebildete Person zwar verehrt werden, die Anbetung galt aber Gott.

 

Weitere Literatur zum Nachschlagen:

Vischer, Theodora, Fondation Beyeler. (2022). Georgia O’Keeffe. Katalog zur Ausstellung Fondation Beyeler. Hatje Cantz Verlag.

Juul Holm, Michael, Bencard, Ernst Jonas, Tøjner Poul Erik. (2004) The Flower as Image: Araki, ..., Warhol. Humlebæk: Louisiana Museum of Modern Art.

Pigeat Anaël. (2021). GEORGIA O’KEEFFE, FIGURE LIBRE. Paris, France, Art press 2021-09-01 (491), S. 28.

Bildnachweis:

Bild 1_Verkündigung: Verkündigung an Maria, Jan van Eyck, um 1434/36, Öl auf Leinwand auf eine Tafel übertragen, 90.2 cm x 34.1 cm, National Gallery of Art, Washington, Andrew W. Mellow Collection, Foto: National Gallery of Art, Washington.

Bild 2_Merian: Buschrose mit Miniermotte, Larve und Puppe. 1679, Aquarell und Deckfarben über Umdruck auf Pergament, 18.8 cm x 14.6 cm, Städel Museum, Johann Georg Gambs Sammlung, Foto: Städel Museum, Frankfurt am Main.

Bild 3_de Meyer_Stieglitz: Baron Adolf de Meyer und Alfred Stieglitz, Stillleben: Wasserlilien, Negativ 1906; Print 1908, Photogravur, 16.2 cm x 22.3 cm, Foto: Getty Museum.