White Canvas #12 D. Rei über ihren Weg zum Aktbild
Mein Weg zum Akt …. Den musste ich barfuss über Hürden, Steinen und Bergen bis zu Lea von art24 gehen.
Sie gab mir, was mir mit 12 Jahren ein Berufsberater, nach über 6 Stunden Blätter ausfüllen mit Zeichnungen, Antworten, Tests etc. nicht nennen konnte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich zum ersten Mal bei ihm war. Ich war im letzten Jahr des Progymnasiums und meine Mitschüler hatten schon ihre Lehrstelle.
Anwältin wäre an erster Stelle gewesen, doch hätte das ganze Studium mehrere Jahre gedauert und wäre nur aus Theorie bestanden. Es war bei mir nicht Faulheit, es lag an meiner finanziellen Situation und es war mir wichtig mein eigenes Geld zu verdienen.
Wie auch immer, ich ging zu diesem Berufsberater und kaum betrat ich sein Büro, schoss die Frage auf mich zu: «Was willst du tun? In welche Richtung soll es gehen?».
Also ehrlich, hätte ich das gewusst, hätte ich doch nicht meine Freizeit bei ihm vergeudet.
Ich antwortete mit Bestimmtheit: «In jede, ausser KV (Kaufmann/frau)». Nach kurzer Überlegung fügte ich hinzu: «Stylistin (Modedesignerin) würde mir gefallen». Das wären 6 Jahre gewesen. Kunsthochschule und Schneiderlehre.
Ich fing mit 10 Jahren an, ein gesundes Selbstbewusstsein aufzubauen. Ich zeichnete Frauen und es machte mir Spass sie zu bekleiden. Ich hatte schon früh einen Sinn für Mode.
Nach 6 Stunden hatte ich alle auszufüllenden Blätter ausgefüllt, und er konnte mir dennoch nicht helfen, im Gegenteil. Mit Bildern vor meiner Nase gestreckt, von Menschen gezeichnet, die bestimmt keine 12 Jahre alt waren, sagte er mit strenger Stimme und hörbaren Unterton: «Du bist nicht gut genug». Mit dem Blick auf die Bilder vor meiner Nase gerichtet, fügte er mit abschätzendem, hartem Ton hinzu: «SOOO!!! Zeichnen diejenigen, die sich beruflich zeichnerisch entwickeln».
Sprachlos, genervt und frustriert verliess ich sein Büro. Dafür ist doch die Kunsthochschule, dachte ich. Wer gehen kann, braucht keine Krücken und wer lesen kann, muss nicht das ABC lernen.
Was Zeichnen angeht, hat er mir in einer Sekunde jedes Selbstvertrauen genommen. Ich zeichnete weiter, nur für mich. Erst recht in der Berufsschule. Um einfach eine Lehrstelle zu haben, habe ich mich wie jede Zweite eine Lehrstelle zur Kauffrau gesucht. Versicherungskauffrau. Die Schule war langweilig und manchmal auch am Arbeitsplatz zeichnete ich. Ich ärgere mich jedoch bis heute, dass ich mich von diesem Menschen so habe beeinflussen lassen. Ich ärgere mich, nie gelernt zu haben, wie man Proportionen misst, wie man Hände und Füsse zeichnet. Alle Zeichnungsbücher und später dann YouTube, konnten es mir nicht beibringen.
Weil ich Bilder für meine neue Wohnung wollte, fing ich wieder an zu malen und zeichnete viele Aktbilder auf Leinwände.
So nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und sendete eines an Lea. Lea von art24.
Ich habe kein positives Feedback erwartet. Ich wollte es nur noch einmal bestätigt haben, dass ich es sein lassen soll.
Es kam unerwartet anders. Lea machte mir Mut, dabei zu bleiben und auch ihre Kollegen waren ihrer Meinung. So setzte ich mich also nach einiger Zeit wieder bewaffnet mit Pinseln und Farben vor die Leinwand und malte darauf los. Dabei entstand dieses Bild, das den Titel «Vin rouge» trägt und Teil eine Serie werden soll.
D. Rei, Vin rouge, Acryl, 80 x 40 cm
Auch hier will ich mich ausprobieren. Das ist z.B. das erste Bild, welches mit Pinsel und nicht Malspachtel entstanden ist. Erst mal ein kleines von der Grösse 80x40 cm.
Das Ziel habe ich noch nicht erreicht; Lea hat mir jedoch Schuhe gegeben und einen Gehstock. Der weitere Weg ist auf ebenem Boden.
Da spricht die Philosophin in mir.
Entdeckt hier mehr von ihren expressionistischen Frauenakten und erhaltet einen Einblick in ihre abstrakte gegenstandslose Malerei.