Das wird das Jahr der Frauen!

22.02.2022
Martina Kral

Genauer gesagt: DAS Jahr der Künstlerinnen. Querbeet durch alle Gattungen, von Malerei, Performance, über Skulpturen, Installationen bis hin zu Inszenierungen. Von frech, witzig, provokativ über erotisch, exzessiv bis hin zu brutal und humorvoll. Die weiblichen Kunstschaffenden haben nur eines im Sinn: Kunst machen auf ihre Art, dranbleiben, ausformulieren, ihre eigene Rolle finden, sich treu bleiben und weitermachen. 

Namhafte Museen in der Schweiz zeigen bis Herbst eindrucksvolle Ausstellungen und Retrospektiven, die es sich zu besuchen lohnt:  

Die Mitbegründerin des Almanachs «Der Blaue Reiter»: Gabriele Münter (Zentrum Paul Klee bis 8.Mai). Nicht selten beeinflussten Frauen die Kunstgeschichte massgeblich. Als Mitbegründerin des deutschen Expressionismus wird sie im Zentrum Paul Klee in Bern gezeigt und geehrt. Ihr ganzes Leben verbrachte sie in und mit der Kunst. Ein Leben voller Farben und Ausdruck.  

Die Malerin üppig-sinnlicher, grossformatiger Blüten- und Blumenmotive: Georgia O`Keeffe. DIE nordamerikanische Künstlerin, die Landschaftsbilder und Blumenmotive in starke, weibliche und sinnliche Konnotationen umzusetzen vermochte. Sie trägt uns in ihren Werken durch alle Facetten des weiblichen Daseins und ist auf jeden Fall auch für Männer einen Besuch in der Fondation Beyeler wert. (Fondation Beyeler, Basel-Riehen bis 22. Mai)  

Die Zürcher femme fatale: Manon, die mit Videos und Environments eine der ersten Performance-Künstlerinnen der Schweiz wurde. Anlässlich ihres 80. Geburtstags huldigen ihr die Fotostiftung Winterthur ab 25. Februar und das Kunsthaus Zürich ab 8. April, ihre frühen, kraftvollen Werke. Mit geschorenem Kopf, sinnlich, stark, kämpferisch zeigte sie sich der Welt über die Medien Fotografie und Film, teilweise in Latex und Bandagen, teilweise fast zerbrechlich als ein anderes Wesen scheinend.  

Die Bildhauerin mit raumgreifenden, aussagekräftigen Werken: Louise Bourgeois (Kunstmuseum Basel ab 19. Februar). Das wohl bekannteste Werk von Louise Bourgeois ist die übergrosse Spinne («Maman») stehen unter anderem in London, Ottawa, in der Eremitage in St. Petersburg, im Guggenheim in Bilbao usw.  Jenny Holzer, selbst Künstlerin subversiver Mitteilungen über Medien unkonventioneller Natur wie z.B. T-Shirts, Unterhosen, Strassenschilder usw., kuratiert die Ausstellung.  Holzer fokussiert sich auf die Tagebücher, Briefe und psychoanalytischen Texte Bourgeois. Dies ist der gemeinsame Nenner dieser zwei höchst talentierten Künstlerinnen.  So sind zwei Powerfrauen zu entdecken und erfahren die sensibel und zart aufeinander reagieren.  

Die laute zugleich stille Performerin, Zeichnerin wie Bildhauerin: Yoko Ono – This room moves at the same speed as the clouds. Ihre Performances und Aktionen der 1960er und 1970er Jahre, die gespickt sind mit Lyrik und Konzept werden ab 4. März im Kunsthaus Zürich gezeigt. Ihre Werke, voller Poesie und zugleich harter Kritik an gesellschaftspolitischen Themen haben heute noch Relevanz. Sie setzte ihrer Kunst keine Grenzen. Techniken wie Film, Performance und Papier treffen zu einem starken Statement aufeinander. 

 Die leise, unter die Haut gehende Ausloterin zwischen Architektur, Körper und Raum: Heidi Bucher (Kunstmuseum Bern ab 8. April). Metamorphosen ist der Titel dieser Ausstellung. Umwandlung, Neuanfang, Verwandlung. Gezeigt wird ihr umfassendes Oeuvre, mit ihren wichtigsten Werken. Heidi Bucher vermochte es, einen Raum so zu verwandeln, dass er zu uns als Betrachter:in durch sie gesprochen hat. Ihre Räume erzählen von Privatheit, vom Raum und Körper als Öffentlichkeit, von Grenzen und Grenzüberschreitungen, von Schutz und Schutzlosigkeit. Von Einsam und Gemeinsam. Eine einmalige Gelegenheit einen Überblick über ihr gesamtes Schaffen zu bekommen und eine einzigartige Frau kennen zu lernen.   

 Die provokative, schießende, zeichnende, malende, gigantisch bunte Skulpturen-formende: Niki de Saint Phalle. Beim Satz «Wir treffen uns beim Engel» ist allen klar, wo wir uns befinden: Im Hauptbahnhof Zürich. Das ist Niki de Saint Phalle. Klar, feministisch, deutlich, voller Emotionen, schwebend, gross, voller Leben, zart. Das Kunsthaus Zürich zeigt ab 2. September eine Retrospektive. Die Ausstellung steht in Kooperation mit der Schirn Kunsthalle Frankfurt am Main.  

 Die um 1900 stilistisch vielseitige, deutsch-schweizerische Malerin: Ottilie W. Roederstein, zu sehen im Städel Museum Frankfurt am Main ab 20. Juli. Ottilie Roederstein war nicht die laute, proaktive Revoluzzerin, jedoch eine konstante und begnadete Portraitmalerin in einem damals von Männern dominierten Genre. Sie setzte sich gegen ihre Eltern und gegen die damaligen Konventionen durch. Sie setzte sich für das Gemeinwohl der Frauen und für das Frauenstudium ein und lebte bis zu ihrem Tod mit der Ärztin und ersten Hebamme Frankfurts, Elisabeth Winterhalter, zusammen.