Kunst aus dem Untergrund im Laufe der Zeit

22.02.2022
Yvonne Roos

Mit den zwei hier vorgestellten Frauen sind bei art24.world Künstler:innen verschiedener Generationen aus dem Untergrund vertreten, die Pop-Kultur und gesellschaftliche Strukturen hinterfragen und sich von etablierten Werten befreien.

Bevor die Tschechin Naděžda Plíšková bekannter wurde, agierte sie aus dem Untergrund. Denn während der tschechischen Normalisierung war es ihr untersagt, ihre Kunst auszustellen; diese galt als zu modern und war dementsprechend nicht konform mit der Regierung. Auch wenn zensierte Künstler:innen nicht unbedingt Kunst und Aktivitäten subversiver, staatsfeindlicher oder gesellschaftsfeindlicher Art gestalteten und ausübten, galten ihre Arbeiten als illegal, da sie nicht der offiziell gewünschten Kunst entsprachen. Plíšková fertigte deshalb Samizdat-Ausgaben (russ. «Selbstverlag») an, eine Form der Dissidententätigkeit. Diese wurden von Person zu Person weitergereicht, wodurch die Zensur im sozialistischen Osten Europas umgangen werden konnte. 

Auch in der Künstlergruppe «Die Kreuzritterschule des reinen Humors ohne Witz» stellte Plíšková Kunst entgegen der offiziell vorherrschenden Definition von Kunst her. Durch regelmässige Treffen suchten die Kunstschaffenden im Untergrund, meist in einer Kneipe, Inspiration für ihre eigene Arbeit, wie auch Unterstützung in der schwierigen politischen Situation. Mit grotesken Handlungen auf der inoffiziellen Bühne untergruben sie die Ernsthaftigkeit der Vergangenheit und der gegenwärtigen «Normalisierungsphase» und schufen ihren eigenen Raum künstlerischer Freiheit. 

Zudem war Plíšková aufgrund ihres Frauseins auch in der Untergrundszene eine «Rarität» in der Kunstszene. Geschlechterrollen und feministische Themen griff sie in ihrer Kunst ironisierend auf – so auch die deutsche Künstlerin Verena Kandler. Sie bedient sich unter anderem an Werbebildern für Frauen, die mit Klischees überhäuft sind und transformiert diese. Dadurch verändert sie die Botschaft, die öffentliche Wahrnehmung und durchbricht auferlegte Rollenbilder. Auch ihre Ausstellungsorte sind oft fernab der Barriere musealer Institutionen, wodurch ihre Kunst zur öffentlichen Installation wird. Auch im digitalen Raum sind ihre Werke zu finden. Ein Raum, der gerade wegen seiner schieren Reichweite und Öffentlichkeit auch «versteckt» sein kann: die Künstlerin muss somit inoffiziell entdeckt werden, analog wie auch digital. Ihre Kunst erscheint dadurch multidimensional im Untergrund. Neu sind Werke der beiden Künstlerinnen der verschiedenen Untergrund-Generationen auch bei art24.world zu entdecken, und zwar ungebunden von Ort und Zeit.