Regenbogen #5 - Exkurs: Die Gesichter der Farbenlehre

23.06.2023
Lea Kämpf

In monatlich erscheinenden Blogs, das sind wir Autorinnen der Reichhaltigkeit dieses Themas schuldig, sind wir dem eigentlich flüchtigen Phänomen des Regenbogens und seiner Farben, seiner symbolischen, kulturellen, kunstbezogenen wie mythologischen Verwendung über Jahrhunderte hinweg auf der Spur – angeregt durch das bunte art24-Logo, das wie zerfliessende Aquarellfarben auf Papier stellvertretend für das reiche Spektrum einer Kunstwelt aus unterschiedlichsten Formationen, Ausprägungen und natürlichen Farben steht. Während der letzte Teil den Regenbogen in der Kunst von der Hochrenaissance bis zur Neuzeit (Teil 4) vorstellte, machen wir im fünften Teil einen Exkurs, der sich von der Renaissance bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zieht. Wir untersuchen hier die Farben des Regenbogens und gehen dabei auf die ersten theoretischen Farbanordnungen von bekannten akademischen Künstlern und Wissenschaftlern wie Leonardo da Vinci, Johann Wolfgang von Goethe, Johannes Itten ein und widmen uns der Entstehung des modernen RGB-Systems.

Die Anfänge

In der Farblehre werden Farbphänomene, das Zusammenspiel von Farben und deren Wirkung auf die Betrachtenden erkundet. 

Den Anfang machte der Philosoph und Naturwissenschaftler Aristoteles. Er ordnete verschiedene Farben dem Tagesverlauf zu: Farben entwickelten sich dabei linear vom Sonnenaufgang von Weiss (Hell = Morgen, Mittag) zu Schwarz bei Sonnenuntergang (Dunkel = Abend, Nacht). Aus Weiss wird Gelb wird Orange wird Rot wird Violett wird Grün wird Blau wird Schwarz. Bei der Ausarbeitung seiner Farbtheorie experimentierte Aristoteles zudem mit dem Lichtfall durch ein blaues und ein gelbes Glas und beobachtete die Bildung eines grünen Farbflecks, wenn er das blaue und gelbe Glasstück voreinander an eine weisse Wand hielt. 

Der Künstler und Wissenschaftler Leonardo da Vinci legte dann im 15. Jahrhundert einen der wichtigsten ersten theoretischen Grundsteine für die systematische Anordnung der Farben. Dabei ging er von einer Anordnung der Primärfarben Blau, Rot, Gelb sowie Grün aus und studierte ihre farbharmonischen Wirkungen wie dem Simultankontrast und der Komplementärfarben. Er vertiefte seine Beobachtungen von Licht und Schatten, die er in seine Malerei einbrachte. Im Licht erkannte er die Qualität und die Intensität der Farbe. Dort wo Licht ist, solle die Farbe am intensivsten und am besten zur Geltung kommen. Im Schatten solle die Farbe den Schattenton annehmen und gegenüber weiteren Farben gleich dunkelfarbig sein. Weiss und Schwarz stellten für ihn keine (echten) Farben dar. Weiss sei der «neutrale Empfänger jeder Farbe», es würde alle Farben reflektieren. Schwarz würde neben Weiss nicht schwärzer, als wenn es neben Schwarz liegt, aussehen. Das Gleiche gilt umgekehrt für das Weiss. 

Auch der Regenbogen spielte in der Entwicklung seiner Farblehre eine wichtige Rolle. Er erkannte, dass ein Regenbogen nicht allein durch die Sonne erzeugt wird, sondern vielmehr ein Zusammenspiel aus Regen, Sonne und dem menschlichen Auge ist, aber auch durch die Reflektion der Sonnenstrahlen auf einer Diamantoberfläche entstehen kann. In der Mitte des Regenbogens beobachtete da Vinci die Vermischung von Gelb und Blau zu Grün und stellte fest, dass die Farbe dann am lebendigsten leuchten, wenn sie neben ihrem komplementären Farbpartner, d.h. die Farben, die am kontrastreichsten zueinander wirken, platziert sind. 

Der Farbkreis

Der Physiker Sir Isaac Newton begann im 18. Jahrhundert, ausgehend von da Vincis Theorien, mit seinen Forschungen. Dabei entdeckte er, dass sich das weisse Licht durch Brechung in einem gläsernen Prisma in Regenbogenfarben zerlegt. Er definierte diese bunten Farben als Spektralfarben und legte die sieben Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett als Grundfarben für seinen Farbkreis (1704) (Bild 1) fest. Er war der Erste, der die Farben in ihrer Abhängigkeit zueinander in einem Kreis anordnete.

Bild 1: Portrait von Sir Isaac Newton, Newtons Farbkreis (1704).

Goethe verfolgte Newtons Erkenntnisse, entgegnete jedoch dessen Theorie, dass sich das weisse Licht durch die Summe der Spektralfarben zusammensetze, mit seiner eigenen Ansicht, dass die Farbe durch eine dualistische Wechselwirkung, ein Kräfteringen von Hell (Licht) und Dunkel (Finsternis) entstehe. Goethe zufolge gäbe es die zwei reinen Farben Gelb und Blau. Würde man diese zwei Farben übereinander schieben, entstehe ein gelber und blauer Rand. Je nach Anteil von Helligkeit (grösserer Gelbanteil) und Dunkelheit (grösserer Blauanteil) würden sich die Farbe Rot, die zwei Mischungen Grün sowie Purpur und hieraus weitere Farbabstufungen bilden. 

Bild 2: Portrait von J. W. von Goethe (1828), Goethes Farbkreis (1809).

Goethes Farbkreis (Bild 2) setzt sich aus einem inneren und einem äusseren Kreis zusammen. Den inneren Kreis zerlegte er in sechs Farbtöne. Dabei identifizierte Goethe die rote Farbe mit der Eigenschaft «schön», die orange Farbe mit «edel», die gelbe Farbe mit «gut», die grüne Farbe mit «nützlich», die blaue Farbe mit «gemein», die dunkelblau-violette Farbe mit «unnötig». Der äussere Kreis besteht aus vier Teilen. Der rot-orange-farbige Bereich definierte er mit dem Wert «Vernunft, den gelb-grünen Bereich mit «Verstand», den grün-blauen mit «Sinnlichkeit» und den dunkelblau-violett-roten mit «Phantasie». 

Seine Farbenlehre schrieb Goethe 1810 nieder. Er formulierte darin zudem erste Gedanken zur Farbpsychologie; der Wirkung und dem «allegorischen, symbolischen, mystischen Gebrauch» der Farbe und stellte ein Farbkreis zur Symbolisierung des menschlichen Geistes- und Seelenlebens dar, der sich optisch nicht wesentlich vom Farbkreis Newtons unterscheidet. Goethes Farbtheorie ist für die Kunst heute nur noch von historischem Charakter. 

Die Farbenkugel

Künstler wie Philipp Otto Runge (1777–1810) nahmen sich Goethes Farbenlehre an und entwickelten daraus ihre eigene Farbtheorie. 

So ging Runge nach seinem Studium an der Kunstakademie in Kopenhagen nach Dresden, wo er sich im Jahr 1810 näher mit den Farbstudien beschäftigte und ein drei-dimensionales Farbsystem, eine Farbkugel (Bild 3), zur gleichen Zeit wie Goethe veröffentlichte. 

Bild 3: Selbstportrait Philipp Otto Runge (ca. 1802), Runges Farbenkugel.

Die Farbkugel zeigt das gestufte Mischverhältnis von 12 Farbtönen zwischen Hell (Weiss) und Dunkel (Schwarz) auf. Die Mischungen gehen dabei auf die reinen Grundfarben Rot, Blau und Gelb zurück, welche entlang des Äquators in regelmässigen Abständen zueinander laufen. In ihnen sah Runge die «Dreieinigkeit Gottes». Zwischen den reinen drei Farben liegen die jeweiligen Mischungen von Orange, Violett und Grün. Die Pole der Kugel stellen die zwei Nicht-Farben Weiss und Schwarz dar. Runge sah im Licht das Gute und in der Finsternis das Böse. Im Mittelpunkt der Farben steht das Grau. Es ist die Vereinigung aller Farben und entsteht ebenfalls aus der Mischung der Nicht-Farben Weiss und Schwarz. 

Obwohl die Kugel die Abstufungen der Mischungen zwischen den drei Primärfarben sowie zu Weiss bzw. Schwarz aufzeigt, ging es Runge selbst nicht um die Visualisierung als solche, sondern um die Darstellung der Harmonie und Ordnung von Farben. Anhand seiner Farbenkugel erforschte Runge die Verhältnisse der Farben zueinander, deren Wirkung, vor allem auch die geänderte Wirkung je nach Mischverhältnis auf den Menschen, und bezifferte das Schema mit Farbnamen. Er selbst übte wie bereits vor ihm auch Goethe, Kritik an Newtons Wissenschaft aus, da dieser zum einen die Wirkung der Farben vernachlässigen würde und diese zum anderen unzugänglich für Künstler und Künstlerinnen sei. Runges Farbenkugel hingegen sollte als Hilfsmittel für Kunstschaffende für die praktische Ausführung dienen.

Die Halbkugel

Der französische Chemiker Eugène Chevreul setzte sich in den 1830er Jahren näher mit den Farbkontrasten auseinander, um eine systematische Aufgliederung der Farbästhetik für die Färberei von Textilien zu erstellen. Im Jahr 1839 erschien seine Theorie «De la loi du contraste simultané des couleurs» (dt. Gesetz des Simultankontrast der Farben). Mit dieser setzte Chevreul eine weitere bedeutende Grundlage in der Farbenlehre und beeinflusste die späteren Kunstrichtungen des Impressionismus, des Neoimpressionismus und des Orphischen Kubismus entscheidend mit. 

Während Leonardo da Vinci zu seiner Zeit schon feststellte, dass Farben, die nebeneinander liegen, sich gegenseitig beeinflussten, und Goethe später die Farbkontraste näher untersuchte, konzentrierte sich Chevreul noch einmal tiefergehend mit dieser Thematik sowie der Farborganisation, um ein Gesetz der Farbharmonie zu entwickeln. 

Als Ergebnis schuf er einen 72-teiligen Farbenkreis (Bild 4 Mitte), der sich aus den drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau und ihren jeweiligen 23 Mischfarben aufbaute. Der Kreis ist in 12 Radien aufgeteilt, die sich aus den drei Primärfarben (Rot, Gelb, Blau), den drei primären Mischungen Orange, Grün und Violett sowie den sechs Mischungen hieraus, d.h. Rot-Orange, Gelb-Orange, Gelb-Grün, Blau-Grün, Rot-Violett und Blau-Violett, zusammensetzen. Im Kreis sind die Primärfarben ihrem komplementären Partner gegenübergestellt. Chevreuls Farbkreis veranschaulicht, dass die Farbe der benachbarten Farbe einen komplementären Farbstich verleiht. Dies bewirkt, dass sich die gegenüberliegenden komplementären Farben gegenseitig aufhellen. Die nicht-komplementären Farben hingegen würden beeinflussen, dass die Farbe einen Farbtonstich ihres Komplementärpartners erhält, d.h., wenn das Rot, neben dem Blau liegend, einen grünen Stich visualisiert. Die Wirkung, dass unser Auge in der Umgebung einer Farbe gleichzeitig (=simultan) ihre Komplementärfarbe wahrnimmt, wird als Simultankontrast definiert. 

Bild 4: Portrait von Michel Eugène Chevreul, Chevreuls Farbkreis und Halbkugel.

In Form einer Halbkugel (Bild 4 rechts) erweiterte Chevreul seine Farborganisation und präsentierte diese räumlich, indem er jedem der Radien eine jeweilige zehnteilige Abstufung zu Hell (Weiss = höhere Intensität) und eine zehnteilige Abstufung zu Dunkel (Schwarz = schwächere Intensität) zuordnete.

Der Farbstern

Der entwickelte Farbkreis von Johannes Itten orientierte sich an der Farbenkugel von Philipp Otto Runge und an den farbtheoretischen Ausführungen von Adolf Hölzer. Ausgehend von Hölzers Farbenlehre schuf Itten erst einen sechsstrahligen Farbstern, der an Goethes Farbkreis erinnerte. Er sah viele Parallelen zur Musik und schuf analog zu Josef Matthias Hausers musikalischen Zwölftonexperimenten von 1919 den zwölfteiligen Farbkreis (Bild 5).

Dabei übertrug er die Farbskalen der dreidimensionalen Kugel Runges in zwei verschiedene 12-teilige Schemata. Eine davon stellt einen Stern dar, die andere ein Rechteck. Beide zeigen auf, wie sich die Farben untereinander sowie zu Weiss und Schwarz beziehen, in dem er die siebenteiligen Abstufungen der Farben von Hell zu Dunkel und die Komplementärkontraste gegenüber darstellt. Seine Farbtheorie publizierte Itten im Jahr 1921 im Almanach Utopia. 

Auch Itten ging es um die Harmonie und Ordnung der Farben und rückte in seiner Farbtheorie ebenfalls die Farbkontraste in den Vordergrund. 

Bild 5: Foto von Johannes Itten ©CC BY-SA 3.0, Farbenkugel von Itten (1921) ©Public domain US.

Die Grundformen

Wassily Kandinsky nahm 1922 den Platz von Itten am Bauhaus in Weimar ein, wo er die Form- und Farbenlehre unterrichtete. Er war es, der den Grundfarben Blau, Rot und Gelb ihre Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck zuordnete, die heute sehr bauhauscharakterisierend sind (Bild 6). 

Bild 6: Foto von Wassily Kandinsky, Grundformen und ihre Farben.

Angeregt durch Goethes farbpsychologischen Studien legte Kandinsky 1911 seine Schrift «Über das Geistige in der Kunst» nieder. Er erkannte nicht nur einen Zusammenhang der Farben zu Formen, sondern ordneten ihnen auch verschiedene Sinneseindrücke (= Synästhesie) zu. 1926 folgte hierzu seine Theorie «Punkt und Linie zu Fläche». 

Für ihn existieren dabei die Gegensatzpaare Blau (kalt, Himmel) – Gelb (warm, Erde), Schwarz (dunkelt) – Weiss (hell), Rot – Grün und Orange – Violett. 

Das Farbrad

«Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer, ich weiß das. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler.» (Zitat Paul Klee, 1914)

Ein bekanntes Zitat eines deutschen Malers, der am Anfang seines künstlerischen Schaffens nichts mit Farbe anfangen konnte. Erst seine Reise nach Nordafrika im Jahr 1914, wo er besondere Farbintensitäten sowie Lichtstimmungen erfuhr, inspirierten Paul Klee zur Verwendung von Farbe. Die Entscheidung für die Farbe veränderte sein Werk für immer. 

Der Künstler pflegte engen Kontakt zu Itten und widmete sich dessen farbtheoretischen Versuchen. 1916 und 1919 traf er ihn in München. Ab 1921/22 setzte sich Klee am Bauhaus in Weimar intensiver mit den Farbtheorien von Goethe, Runge, Delacroix und Kandinsky auseinander. Er selbst orientierte sich für seine Farborganisation am Regenbogen, welcher für ihn die Skala der reinen Farben darstellte. 

Wie Goethe und Runge kritisierte Klee das Newtonsche Spektrum und distanzierte sich von der Annahme, dass Farben aus der Brechung von weissem Licht entstehen würden. Stattdessen ordnete er die Farben dem «Grenzbereich zwischen Atmosphäre und Weltall» zu. Ebenso wies er die Parallelen zur Musik, die andere Künstler wie Itten und Kandinsky verfolgten, zurück.

Anfang der 1920er Jahren entstanden Klees ersten Farbmodelle. Ähnlich wie bei Runges Farbkugel steht das Grau im Zentrum. Der Graupunkt funktioniert als Mittelpunkt der Farbordnung und setzt den Massstab für die Harmonie aller Farbrelationen. Die Pole bilden das Weiss und das Schwarz. Entlang des Äquators existiert die Skala der sechs komplementären Buntfarben: Gelb, Blau und Rot als Primärfarben sowie Grün, Orange und Violett dazwischen (Bild 7 Mitte). Das Farbrad (Bild 7 rechts) zeigt eine zweidimensionale Anordnung der gleichen Theorie. Die Primärfarben Rot, Gelb und Blau bilden die äussersten Drehpunkte, zwischen ihnen liegen ihre Komplementärfarben Violett, Orange und Grün. Hier gibt es noch eine weitere Ergänzung, die das Farbrad kreisförmig schliesst: die Mischfarben der Primär- und Komplementärfarben, d.h. Rotviolett, Rotorange, Gelborange, Gelbgrün, Blaugrün und Blauviolett. Auch hier bildet das Grau wieder den Mittelpunkt.  

Bild 7: Foto von Paul Klee (1927), Farbräder von Klee aus seinem Manuskript zur Gestaltungslehre ©Zentrum Paul Klee.

Später revidierte Klee dann jedoch seine anfänglichen farbtheoretischen Aussagen wieder und formulierte neu, dass die Mischung von Weiss und Schwarz, also Grau, nicht der Mittelpunkt der Farbharmonie darstelle, sondern eine «Beschmutzung» sei. Grau war fortan nicht mehr Bestandteil seines Farbenkreises.  

Klees Notizen zu seiner bildnerischen Form- und Gestaltungslehre, welche zwischen 1921 und 1931 am Bauhaus in Weimar und Dessau entstanden und ca. 3’900 Seiten umfassen, sind im Archiv sowie online im «Zentrum Paul Klee» in Bern aufbewahrt bzw. zugänglich. Bisher existiert die Transkription jedoch nur in deutscher Sprache (wie das Original). 

Anwendung in der Kunst

Die Suche nach der Farbharmonie begleitete Klee nicht nur theoretisch, sondern inspirierte ihn auch zur Malerei. Dabei schuf er abstrakte gegenstandslose Bilder zur «farblichen Harmonie» in Form von Rasterbildern (Bild 8).

Bild 8: Auswahl Werke von Paul Klee: v.l.n.r.: Abstrakte Farbenharmonie in Vierecken mit zinnoberroten Akzenten (1924) ©Public domain US, Neue Harmonie (1936).

Nicht nur die Auseinandersetzung mit der Farbenlehre inspirierten Klee zu dieser neu entdeckten Farbigkeit und der abstrakten gegenstandslosen Malerei, sondern auch die Bilder des französischen Malers Robert Delaunay, den er erst bei einem Besuch in Paris kennenlernen durfte. 

Delaunay selbst wagte sich, basierend auf der Farblehre von Eugène Chevreul (1839), an die bildnerische Darstellung der Wechselwirkung nebeneinander liegender, unterschiedlicher Farben, dem Simultankontrast. 

Bild 9: Auswahl Werke von Robert Delaunay zum Simultankonstrast, v.l.n.r.: Les Fenêtres simultanées (1912), Soleil Lune Simultané 1 (1913), Les Fenêtres simultanées sur la ville (1912) ©Public domain US.

Ab 1912 (und in den 1930er Jahren) widmete sich Delaunay der reinen Farbmalerei und schuf abstrakte Kreisgebilde in bunten Farben. Der dabei von Delaunay erschaffene und vom Kubismus abgeleitete Kunststil – die Kubisten selbst arbeiteten in ihren Bildern intensiv mit dem Komplementärkontrast – geht als «Orphismus» in die Kunstgeschichte ein

1913 stellte Delaunay den 12-teiligen Farbkreis dar. 

Bild 10: Selbstportrait von Robert Delaunay (1905/6), Farbkreis (Simultankreis) von Delaunay (1912/3).

Seine abstrakten Kreisformen, die in seiner Serie «Rythmes» entstanden, orientierten sich farblich besonders an seinem Farbkreis (Bild 11).  

Bild 11: Auswahl Werke von Robert Delaunay seiner Serie «Rhytmes», v.l.n.r.: Rhythms (1932), Rhytme (ca. 1932), Rhytmes (1934), Rhytmes 1 (1938) ©Public domain US.

Auch Ittens Malerei baute sich auf seinen eigenen Farbstudien auf. In seinen Bildern spielt er mit den Kontrasten und den Farbabstufungen, und schafft dabei ein harmonisches Zusammenspiel (Bild 12).